Kriegsrestemuseum in Ho Chi Minh City

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Als ich geboren wurde, war der Krieg in Vietnam noch nicht sehr lange vorbei. Klar habe ich davon gehört und hatte eine grobe Vorstellung, was dort passiert ist, schließlich sind Hollywood-Filme voll davon. Aber für mehr als ein gesundes Halbwissen hat es bisher nicht gereicht.

Um ein Volk verstehen zu können, muss man seine Geschichte kennen. Das weiß ich eigentlich seit ich in Irland gelebt habe; Letzte Woche wurde ich in Kambodscha daran erinnert. Trotzdem wäre ich vielleicht ohne meine baskische Reisefreundin Maider in Saigon (= Ho Chi Minh City) nicht ins Kriegsrestemuseum gegangen. Die Faszination für Waffen und Schlachten geht mir gänzlich ab. Aber das Kriegsrestemuseum in Saigon ist so viel mehr als nur die US-Flugzeuge und -Panzer, die davor stehen.

Mit vielen Fotos wird die Geschichte des Unabhängigkeitskrieges und des anschließenden Vietnamkriegs erzählt – aus der Sicht des Siegers Nordvietnam. Wir haben an diesem Nachmittag viel über die Vergangenheit gelernt, zumindest über eine Sichtweise davon. Wir haben das unermessliche Leid gesehen, dass Krieg über die Menschen dieses Landes gebracht hat. Und durch all das, was ich hier nicht erfahren habe, habe ich viel über Weltsicht gelernt.

Im ganzen Museum bekam ich beipielsweise keinen einzigen Vietcong-Kämpfer zu Gesicht, erfuhr nichts aus Sicht der Südvietnamesen, auch nicht, was nach dem Krieg aus ihren Kämpfern wurde oder was der Krieg für die Nachbarländer bedeutete. Dafür weiß ich sehr detailliert, wie die US-Soldaten ausgestattet waren und wie viele Westler hier in Vietnam kämpfen. Ich sah noch einmal, was Napalm und Agent Orange mit den Menschen dieses Landes angerichtet haben und wie sie bis heute nachwirken.

In der Ausstellung über die Kriegsunterstützer hatte ich erwartet zu erfahren, ob es Hilfe für Nordvietnam gab, zum Beispiel durch die UdSSR, Kuba oder gar die DDR. Stattdessen sah ich Fotos von Friedensdemomstrationen weltweit. Man kann dabei leicht den Eindruck gewinnen, dass die ganze Welt den kleinen David in seinem gerechten Kampf gegen den großen US-Goliath untertützte. Und auch wenn ich das gerne glauben möchte, kann es nicht so schwarz-weiß sein.

Hinterher habe ich gelesen, dass das Museum bis 1990 „Ausstellungshaus für die Verbrechen der USA und der Marionettenregierung“ hieß. Da wäre mir der Fokus des Museums schon vor dem Besuch klar gewesen. So wurde ich etwas überrascht von dieser so offensichtlich einseitigen Darstellung.

Meinem Weltbild hat dieses Museum gut getan – ebenso wie das Gespräch darüber mit Maider, die im Baskenland zwar mitten in Europa und doch in einer ganz anderen Welt aufgewachsen ist als ich. Hier in Südostasien ist Krieg noch viel präsenter als für mich in Deutschland. Ich bin ein Kind der Achtziger und auch meine Vorstellungen von Gut und Böse in der Welt sind unterschwellig noch geprägt durch den Kalten Krieg. Es wird Zeit, meine eigene Weltsicht mal wieder kritisch zu hinterfragen. Und für eine etwas neutralere Nachhilfestunde in Geschichte.

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Bildnachweis: „NORTHROP F5 WAR REMNANTS MUSEUM SAIGON/HO CHI MINH CITY VIETNAM JAN 2012“ von calflier001, (CC BY-SA 2.0)



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