Reisevorbereitung für Gerinnungsgestörte

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Im normalen Leben ist meine Blutgerinnungsstörung eine unaufgeregte Begleiterin: Ich werfe Tabletten ein, kontrolliere mein Blut, esse ordentlich, meide Grünkohl und Verletzungen sowieso – und alles ist gut. Tatsächlich vergesse ich sie im Alltag meistens. Das ist mir allerdings jetzt bei den Vorbereitungen für meine große Reise leider nicht mehr möglich.

Medikamentenvorrat anlegen

Es ging damit los, dass ich beim lockeren Plaudern mit meiner Ärztin erfuhr, dass sie mir die benötigte Menge an Tabletten und Teststreifen für so eine lange Zeit gar nicht aufschreiben darf. Ich werde mir also die fehlenden Packungen über Privatrezept auf eigene Rechnung besorgen müssen. Wegen dieser Überraschungskosten hab ich dann mal schnell durchgerechnet, ob ich meine Reise um einen Monat verkürzen muss. Muss ich nicht. Trotzdem danke, Bürokratie.

Einfuhrgenehmigungen einholen

Ob und wie ich an die Medikamente komme, war dann kurzzeitig fast egal, als ich herausfand, dass ich mehr als den Medikamentenbedarf für 30 Tage in viele Länder nicht ohne Sondergenehmigung einführen darf. Das heißt, ich muss die Vorschriften in 27 Ländern prüfen und ggf. Anträge stellen, um nicht zu riskieren, wegen Medikamentenschmuggels ins Gefängnis zu kommen oder nach Einreise ohne meine Medikamente dazustehen. Unnötig zu erwähnen, dass jedes Land diese Informationen anders in diesem Internet versteckt.

Versorgung unterwegs prüfen

Spätestens jetzt fand ich die Idee super, mir die Medikamente doch einfach unterwegs zu besorgen. Zahlen muss ich sie auch dort selbst, denn Auslandskrankenversicherungen übernehmen nicht die Kosten für Dauermedikation; Die Anwartschaft, die ich bei der Krankenkasse in Deutschland halte und teuer bezahle, hilft unterwegs auch nichts. Im Jahr 2017 wird der Wirkstoff mit dem schicken internationalen Namen ja wohl weltweit – oder zumindest in Bangkok, Singapur und Sydney – zu bekommen sein. Dachte ich. Diese Idee habe ich nach Telefonaten mit den Herstellerfirmen verworfen: Außerhalb von Deutschland ist das, was ich brauche, maximal in internationalen Apotheken an europäischen Flughäfen erhältlich. Was es unterwegs geben könnte, sind Ersatzprodukte, die ähnlich wirken, oder Kopien mit undefinierbarem Inhalt. Und mit dem Wirkstoff sollte ich keine internationalen Experimente veranstalten. Also zurück zu den Anträgen …

Kühlung sicherstellen

Wenn ich die Medikamente dann endlich hoffentlich habe und behalten darf, müssen die Teststreifen für das Gerät, mit dem ich mein Blut überwache, gekühlt werden. Sie dürfen nicht wärmer als 30 Grad werden und vor Luftfeuchtigkeit geschützt sein, sonst wäre die ganze Bürokratie umsonst gewesen. Ich muss also neun Monate lang auf die Dinger aufpassen und dafür sorgen, dass es den kleinen Memmen unterwegs auch bei täglichem Standortwechsel und tagelangem Reisen ohne Stromzugang weder zu warm noch zu feucht wird. Die Apotheken, die ich diesbezüglich um Rat fragte, konnten mir nur diese Kühltüten aus dem Supermarkt empfehlen … Kein Kommentar.

Nachdem ich eigenständig die Kühltaschen für Diabetiker geprüft und verworfen hatte, empfahl mir die wunderbare Hotline-Mitarbeiterin einer der Pharmafirmen zur Kühlung eine kleine doppelwandige Thermoskanne und Thermofolie zu benutzen. Ich hätte sie küssen können! Als hoffentlich guten Kompromiss zwischen Kühlleistung und Gewicht werde ich jetzt die HydroFlask 354 ml im Feldversuch testen. Hätte jemand einen besseren Vorschlag gehabt?

Zwischenbilanz

Nach ein paar Schock- und Seufzmomenten läuft jetzt dieser Teil meiner Reisevorbereitung soweit. Ich bin zuversichtlich, dass ich all diese Zusatzbaustellen meistern werde, aber spannend bleibt es doch. Als hätte ich das jemals bezweifelt.



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