Als ich das erste Mal im australischen Outback war, wusste ich, dass ich meiner Mama diese Wüste zeigen wollte. Und dem Mann im meinem Leben natürlich auch. Im ersten Jahr nach meiner Rückkehr war ich zwar noch sehr mit Ankommen beschäftigt, aber schon kurz nach meiner Heimkehr haben wir angefangen, Reisepläne nach Australien für den zweiten Sommer zu schmieden. Ich plante unsere Reise um die Zeit im Outback herum, weil das Leben und die Farben dieser Wüste mich sehr berührt hatten und ich dort so glücklich gewesen war. Regenwetter in Sydney, Schnee in den Blue Mountains, kein Schnorchelwetter an der Westküste? Alles egal, Hauptsache im „Red Centre“ ist es nicht zu heiß.
Einen Monat vor unserer Abreise kamen mir Zweifel: Was, wenn ich zwei Menschen quer über den Erdball schleppe, nur um ihnen etwas zu zeigen, was zwar ich wunderschön finde, in dem sie aber nur karge, lebensfeindliche Langeweile sehen? Was, wenn ich mit meiner Faszination für Wüsten einfach ein Freak bin, wenn meine Liebe nicht ansteckend, nicht übertragbar ist? Was, wenn wir im Outback nur unsere Zeit verschwenden? Hätten wir nicht lieber den Dschungel im Norden anschauen sollen?
Ja, dieses Zweifelmonster klopfen vor allem nachts im Halbschlaf an die Tür, aber selbst im Anflug auf Alice Springs, der Hauptstadt des Outbacks (mit gerade einmal 30.000 Einwohnern), war ich wieder unsicher. Unter uns erstreckte sich bis zum Horizont in alle Richtungen eine rot-braune Steinebene, durchzogen von mysteriösen dunklen Streifen. Ich erklärte, dass die Streifen trockene Flussbetten mit üppiger Vegetation seien und erntete zweifelnde Blicke. Die Wüste sieht von oben wohl nur für Kenner*innen spannend aus.
Nach unserer Landung ließ ich bewusst alle Verantwortung los. Entweder sie würden die Wüste mögen oder eben nicht.
Genau wie bei meinem ersten Besuch hatte ich für den ersten Tag zum Ankommen einen Ausflug in den Alice Springs Desert Park geplant, ein Areal, in dem die verschiedenen Lebensräume der Wüste vorgestellt und erklärt werden. Ich glaube, dass ich dort damals mein Auge geschult habe für die Tiere und Pflanzen, die im Outback leben, und für die Besonderheiten der verschiedenen Wüstenregionen. So etwas Ähnliches erhoffte ich mir auch für meine Begleiter*in. Und der Park ließ mich nicht im Stich: Ich erklärte und übersetzte auf Anfrage fröhlich vor mich hin, aber die zarten Blüten, die meine Reisegruppe bald von alleine entdeckte, und die farbenfrohen Vögel, die durch die Äste der Bäume turnen, hatten die besseren Argumente.
Wir blieben über eine Woche in den Weiten des Outbacks und legten auf unserem Roadtrip über 1.500 Kilometer in den Straßen der Wüste zurück. Aber viel wichtiger als die Zeiten im Auto waren wohl unsere Wanderungen: Wir erklommen Berge, kletterten an Canyon-Kanten entlang und stiegen hinab in enge Täler.
Bei unseren Erkundungen trafen wir auf Bergwallabies, Rote Riesenkängurus und Kamele. Wir sahen kleine Salamander, rosa Miniaturglockenblumen und Ringsittiche. Wir gingen durch ausgetrocknete Flussbetten, blickten in Schluchten und standen an den Ufern von Seen.
Die schönsten Momente dieser Tour waren für mich dann, wenn meine Mama mich auf kleine Blüten aufmerksam machte, die ich noch nicht bemerkt hatte, oder auf einen neuen Vogel deutete, der zwischen den Felsen herumhüpfte; wenn wir stehenbleiben mussten, um nur zu schauen oder um noch mehr Fotos zu machen. Dann glaubte ich nämlich, was mir auf Rückfrage schon gesagt worden war: dass meine beiden Reisebegleiter*in dem Zauber des Outbacks ebenso erlegen waren wie ich. Ich habe sie damit nicht angesteckt, die Wüste hat sie infiziert. Willkommen in meiner Welt. Wie wunderbar!
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