Erinnert ihr euch, dass ich neulich geschrieben habe, die Nashorn-Bestände im Khama-Schutzgebiet würden sich erholen? Nun, das trifft nur auf diesen geschlossenen, vom Militär bewachten Park in Botsuana zu. Als ich das wahre Ausmaß der Nashorn-Vernichtung begriff, hatte ich Tränen der Wut und Ohnmacht in die Augen!
Am letzten Dienstag besuchten wir Matobo in Simbabwe. Der Nationalpark ist 450 qkm groß und dient eigentlich dem Schutz von Nashörnern. Die erschreckende Wahrheit ist aber, dass die Wildhüter hier nichts, aber auch gar nichts gegen die Vernichtung der grauen Giganten auszurichten vermögen.
Am Eingang des Parks hängt eine Tafel, die über die Nashorn-Bestände weltweit informiert. Die Tafel ist zwei Jahre alt. Damals gab es 20.405 Breitmaulnashörner und 5.055 Spitzmaulnnashörner in Afrika. Das ist schon erschreckend wenig! In den letzten zwei Jahren sind viele weitere Tiere getötet worden. Es gibt nur noch 16.000 Breitmaulnashörner weltweit und weniger als 3.000 Spitzmaulnashörner. Allein im Matobo wurden in den letzten zwei Jahren weit über 100 Tiere abgeschlachtet, so dass es nur noch 56 Breitmaul- und 38 Spitzmaulnashörner im Matobo gibt.
Wir machen unsere Vorfahren für die Ausrottung des Dodos, des Beutelwolfs, des Kaplöwen verantwortlich. Wir sind jetzt Zeugen dieser internationalen Vernichtung und stehen scheinbar machtlos, tatenlos daneben.
Die Ranger des Matobo versuchen seit Jahren die Leben der Tiere zu retten, indem sie die Nashörner enthornen. Dabei werden die Tiere alle drei bis fünf Jahre in einer parkweiten Aktion betäubt und das Horn wird ihnen abgeschnitten – oder in diesem Fall: absägen. Da es – anders als die Stoßzähne des Elefanten – wie ein Fingernagel ist und nachwächst, ist das für die Tiere völlig schmerzfrei. Ähnlich wie einen Fingernagel sollte man das Horn aber nicht zu kurz abschneiden. Auch wenn das Enthornen eines einzelnen Tieres sehr schnell geht, verursacht diese riesige Aktion großen, großen Stress für die Tiere.
Die Ranger hatten gehofft, damit das Leben der Tiere zu retten. Leider ist dieser Plan nicht aufgegangen. Da das Horn zu völlig absurden Preisen gehandelt wird, werden die Tiere auch für die ihnen verbliebenen paar Zentimeter getötet.
Nashörner sind beeindruckende Tiere! Bei unserem Besuch im Matobo hatten wir Gelegenheit, uns einem Bullen bis auf fünf Meter zu nähern. Zu Fuß und mit einem großartigen Guide. Der Bulle selbst kam dann beim Grasen sogar noch ein Stück näher heran und mir stockte der Atmen.
Nashörner vertiefen sich ins Fressen. Dabei kann es passieren, dass sie vergessen, dass man da ist, obwohl sie einen vorher bereits wahrgenommen haben. Deshalb erinnerte unser Guide den Bullen durch kleine Grunzgeräusche immer mal wieder an unsere Anwesenheit, denn niemand will, dass sich so ein Koloss plötzlich vor einem erschreckt oder unter Druck gesetzt fühlt.
Aber der eigentlich oft launische Bulle fand unsere Anwesenheit an diesem Vormittag ganz in Ordnung. Schließlich bewunderten wir ihn alle ehrfürchtig und für unsere Labergruppe auch verhältnismäßig ruhig. Was soll man auch sagen, wenn man sich plötzlich Aug in Aug mit so einem gewaltigen Tier sieht? Ich war so fasziniert, dass ich vergaß ein Foto zu machen und ihn nur ansah.
So ein erhabenes, gewaltiges Tier und was für ein Erlebnis, ihm so nah sein zu dürfen! Wenn ihre Vernichtung weiter so schnell voranschreitet, werden nicht mehr viele Menschen die Gelegenheit zu so einer Begegnung haben. Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal in Afrika war, sagte mir mein Guide damals, ich solle mich beeilen, wenn ich bestimmte Tiere noch in ihrer natürlichen Umgebung erleben wolle. Jetzt hat mich diese erschütternde Wahrheit endlich erreicht.
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P.S.: Unser Ranger im Matobo geht übrigens davon aus, dass man das System aus Wilderei, Schmuggel und Schwarzmarkt überlisten könnte, wenn die Ranger endlich die gewaltigen Vorräte an Horn verkaufen dürften, die durch die Enthornung auf Lager sind. Schon jetzt würden diese Vorräte für zehn Jahre reichen. Und ständig kommt neues Horn hinzu. Das Geld würde zurück in das Schutzprogramm und zu den Bewohnern fließen und gleichzeitig könnte das legal geerntete Horn aus nachwachsenden Quellen die Preise auf dem Schwarzmarkt kaputtmachen. Die Menschen der Umgebung, die oft bei der Wilderei helfen, würden verstehen, dass ein lebendiges Nashorn langfristig mehr Geld für die Gemeinschaft bringt als ein totes, und sich für das Überleben dieser Giganten einsetzen. Nur leider ist den Rangern der Verkauf des Horns von der internationalen Gemeinschaft untersagt.