Es ist deprimierend: Immer wenn ich denke, es laufe doch eigentlich grade ganz gut mit mir und diesem Herumrennen in den Bergen, fragt mich garantiert ein besorgter Nepalese, ob es ein Problem gebe. Nee, gibt es nicht. Seien wir ehrlich: Ich hab es nur nicht drauf. Meine Begleiterinnen und Begleiter sind alle so viel müheloser, graziler, trittsicherer als ich. Ich trampele, stampfe und stolpere in meinen Bergschuhen so vor mich hin und habe dabei – wie sollte es bei mir anders sein? – flux einen roten Kopf.
Für meine neuen Freunde sind diese Wege normal. Der nächste Asphalt ist hunderte Kilometer entfernt und selbst unsere deutschen Feldwege sind Rennstrecken gegen die holprigen Pfade, Wege und Straßen, die es hier in den Bergen Nepals gibt. Seit sie laufen können, flitzen die Bergbewohner in Flipflops den Berg hinab, um Freundinnen zu treffen oder der Nachbarin einen Liter Milch abzukaufen und hinauf zum Pass, weil da die besten gelben Beeren, die wie elegantere Himbeeren aussehen, wachsen.
Der tägliche Weg zur Schule führt oft kilometerweit über Stock und Stein. Dabei tragen die Kinder Hausschuhe, Crocs, Gummistiefel oder überhaupt keine Schuhe und trainieren mit jedem Schritt all ihrer Muskeln, Bänder und Sehnen. Bei den Abstiegen unterstellen mir meine Begleiter regelmäßig nach der ersten Stunde, dass meine Beine zittern und ich habe den Verdacht, dass ich ohne meine Wanderstiefel garantiert umknicken würde, sollte ich mich mal mehr als einhundert Meter in Crocs vom Haus entfernen.
Dazu kommt die Tatsache, dass ich vor Kurzem aufgeschnitten im Krankenhaus rumlag. Dass ich hier jetzt so die Berge querfeldein laufe, ist eh ein Wunder, das mir manchmal sehr bewusst wird. Ich habe keinerlei Ehrgeiz vorneweg laufen oder mithalten zu müssen. Irgendjemand schleicht schon mit mir und da will ich schließlich noch genug Luft zum Plaudern haben. Und so erstarb mein Wunsch mich zu rechtfertigen, wenn die Nepalis mich anteilsvoll fragen, ob ich sowas zum ersten Mal mache. Ich lache innerlich über mich selbst und freue mich, dass ich so wundervolle Wegbegleiterinnen habe. Dass Priti dem jungen Herrn, der mich neulich abholen kam, sagte, er solle rücksichtsvoll sein, ich sei ein bisschen langsam, lässt mich noch beim fiesesten Anstieg grinsen. Nein, ich mache sowas nicht zum ersten Mal, aber es fühlt sich so an.
gruenkariert
Genau das macht einen glücklichen Menschen aus. Nicht mit gekränktem Ego beschweren, das man etwas eigentlich haben *müsste*, sondern dankbar darüber sein, was man jetzt hat. Ich freu mich bei jedem Blogpost, was für wunderschöne Dinge du erlebst und wie glücklich du darüber schreibst 🙂
die abenteuerliche
Danke für dieses schöne Feedback. Und du hast recht: Ich bin glücklich! Danke, dass du mich erinnerst hast, mir mein Glück mal wieder bewusst zu machen.