Mehr staatliches Branding, bitte

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Als ich so durch die Nordprovinzen Vietnams fuhr, wurde mir bewusst, wie abwesend das Bewusstsein für Staat, unser Land, die Demokratie aus meinem normalen Alltag sind. Was einem halt so einfällt, wenn man ne Weile Serpentinen ohne Aussicht fährt. Ich lebe in Deutschland so vor mich hin, setze das System, in dem ich lebe, von dessen Vorteilen ich täglich profitiere, als gegeben voraus. Es fällt mir nur ein und auf, wenn mal etwas nicht funktioniert. 

Hier in Vietnam ist das ganz anders. Viele Menschen tragen rote T-Shirts, auf denen der gelbe Stern prangt, in den Straßen wehen vietnamesische Flaggen und alle Schilder, die von offizieller Seite aufgehangen wurden, haben eine einheitliche Schriftart und dieselben Farben. Die niedlich-verstörenden sozialistischen Plakate, die die Einheit des Landes beschwören, hängen auch noch in den entlegensten Winkeln des Landes. Öffentliche Gebäude wie Schulen, staatliche Wohneinheiten oder Verwaltungsgebäude sind alle sandgelb und ocker gestrichen und Ho Chi Minh lächelt garantiert prominent irgendwo herab. Staat und Partei haben sich eine wirkungsvolle Corporate Identity verpasst und sind allgegenwärtig.

Als Westkind hadere ich mit diesem System, keine Frage; Aber ich muss zugeben, dass es in dieser Beziehung sehr effizient ist. Staat, Partei und auch ihre Leistungen sind sichtbar. Und obwohl ich weiß, dass es Gründe hat, warum das bei uns nicht so ist, und sie als aufrechter Demokrat gutheiße, frage ich mich, ob uns ein bisschen mehr staatliches Branding nicht doch guttun würde. Jede mit Steuergeldern von uns allen finanzierte Straße, jeder Kindergarten, jede Uni, jedes Museum, jeder Sportplatz ein Sponsored-by-Logo. In jeder Sozialleistung, in jeder Renteninformation der freundliche Hinweis, dass das nur möglich ist, weil wir alle zusammenhalten. Nur damit wir mal sehen, deutlich sehen, was wir alles haben, was „der Staat“, „das System“, „die Gesellschaft“ für uns tut. Damit all das sichtbar wird, das läuft und funktioniert. Wenn eine Firma oder eine Stiftung einen Zuschuss zu etwas geben, bekommen sie öffentliche Anerkennung. Der staatlich-finanzierte Anteil fällt stillschweigend unter den Tisch. Ja, es könnte alles viel toller, besser, heiler, reicher und natürlich gerechter verteilt sein. Aber wir haben so viel! Ein bisschen mehr staatliches Branding täte unserer deutschen Zufriedenheit mal ganz gut.



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