Die Bambusbahn wirbt mit einer Fahrt, „die allen Bestimmungen in Europa und den USA widerspricht“ und empfiehlt: „Versucht so etwas nicht zuhause!“ Daher musste ich das an meinem ersten Morgen in Kambodscha natürlich sofort ausprobieren.
Da es in Kambodscha lange wenig Infrastruktur gab, wurden für den Transport von Menschen, Ernte und anderen Gütern zwischen den Dörfern und entlang der Reisfelder um Battambang die alten Schienen aus der Kolonialzeit realtiviert. Ohne Genehmigung natürlich. Mit der Zeit entwickelte sich eine Art Fahrplan, feste Preise und Verkehrsregeln. Mehrerer Abschnitte sollten wegen fehlender Instandsetzung inzwischen zwangsgeschlossen sein, aber das interessiert in der Praxis wohl bislang niemanden. Einige Teilstücke sind noch offiziell befahrbar; Besonders eine Strecke wird als Touristenattraktion genutzt.
Die Wagen sind einfache Plattformen aus Bambus, die ungefähr so groß sind wie zwei Queensize-Betten. Diese werden auf zwei Paar Räder gesetzt und von einem kleinen, aber lauten Benzinmotor angetrieben. Sie fahren eingleisigen auf den Schienen aus der Kolonialzeit über Brücken, Dämme und Schienenstöße. Entsprechend holprig ist dieses Vergnügen.
Wenn ein Wagen entgegen kommt, einigen sich die Fahrer anhand der Regeln darauf, welcher Wagen weichen muss. Dieser wird dann schnell entladen und die Plattform abgenommen. Dann noch die Räder von den Schienen pflücken und schon ist der Weg frei für den Gegenverkehr.
Ich teilte mir meine Dreisine mit drei anderen Reisenden und saß zu Beginn unseres Ausflugs in der zweiten Reihe. Am Wendepunkt gab es einen kleinen Markt, wo wir ins Gespräch kamen.
Der Hinweg hatte mir riesig Spaß gemacht und so war ich erstaunt, dass ausgerechnet der taff-aussehende Engländer davon sprach, dass die Fahrt ein bisschen beängstigend gewesen sei. Auf dem Rückweg tauschten wir die Plätze – und ich verstand, was er gemeint hatte! Die Geschwindigkeit spürte ich nun durch den Fahrtwind, der mir entgegenschlug, viel mehr. Die Landschaft raste auf mich zu, statt nur vorbei. Auch jede Schwelle und jede Unebenheit spürte ich vorne noch mehr, als ich sie einen halben Meter dahinter gespürt hatte. Und jetzt hatte ich auch noch eine Kokosnuss zu jonglieren, die ich während der Fahrt gemütlich hatte trinken wollen. Hatte sich der Wagen auf dem Hinweg eigentlich auch schon so weit zur Seite geneigt?
Es war ein bisschen beängstigend, keine Frage, aber vor allem war es auch ein riesigen Spaß!