Höllenanreise ins vermeintliche Paradies

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Meine Reise zu den Gili-Inseln entpuppte sich als der ultimative Tests all dessen, was ich bisher gelernt zu haben glaube. Die drei Inseln vor Lombok in Indonesien schienen in der Hochsaison eigentlich für alle das zu stehen, was ich nicht mag am Reisen: Massenabfertigung, Paaaarty, Drogen, sich schlecht benehmende Touristen, Ausbeutung der Resourcen, 0-8-15-Bespaßungsprogramm. Phuket bin ich erfolgreich aus dem Weg gegangen. Kula auf Bali, den Ballermann Australiens, konnte ich vermeiden. Und jetzt die Gilis, tja.

Es gibt drei Gili-Inseln: Gili Trawangan, die Partyinsel, Gili Meno, eine beschauliche Insel mit Schildkrötenstation und Gili Air, ein gesetztes Mittelding aus Komfort und Natur, auf der man angeblich toll schnorcheln kann. Genau das war mein Kriterium und der Grund, warum ich die Gilis überhaupt in Betracht gezogen hatte. Es war Zeit, mal wieder die Wunder unter Wasse zu bestaunen, kitschige Sonnenuntergänge anzusehen und mit Schildkröten zu schwimmen. Ich entschied mich für Gili Air.

Die Anreise aus Ubud auf Bali war mir als „eine Stunde Bus fahren, zwei Stunden Schnellboot und schon sitzen Sie am Strand“ verkauft worden, entpuppte sich aber als eine ziemliche Katastrophe. Ich wurde mit 50 Minuten Verspätung abgeholt und danach fuhren wir noch weitere Schleifen durch die Stadt. Diese vertrödelte Zeit schien der Fahrer dann auf dem Weg zum Hafen wieder reinholen zu wollen. Als wir dort alle etwas seekrank ankamen, erwies sich die Eile als völlig unbegründet. Es herrschte das totale Chaos. Wir warteten zwei Stunden lang in einen vollgestopften Terminalgebäude, durch das sich auch noch Verkäuferinnen mit Bauchläden quetschten, die uns lautstark Bier, Wasser und Chips verkaufen wollten.

Als dann ein paar Boote am Pier anlegten, wurde es noch chaotischer, denn alle Passagiere der ca. 10 Gesellschaften mit je drei bis fünf Zielen standen wild durcheinander. Wenig hilfreich, dass die Verkäuferinnen anfingen, einzelnen Wartenden zu sagen, sie sollten mal lieber schnell nach vorne gehen, und dass dann auch noch Ausrufer herumgingen, die alle noch mehr verwirrten. Mein Hirn schmiedete derweil automatisch tolle deutsche Pläne, wie man das alles ganz leicht entwirren könnte. Aber was soll’s. Es funktioniert ja. Irgendwie.

Nach einer weiteren Stunde war ich auf demselben Schiff wie mein Rucksack. Darauf hatte ich geachtet. Im Gegensatz zu anderen, die später ohne ihr Gepäck am Zielort ankamen. Aber auch mein Rucksack und ich waren noch lange nicht am Ziel. Wir bretterten im überladenen Boot erst nach Gili Trawangan (wo ich schön das entladene Gepäck im Auge behielt). Dort kamen erste Gerüchte auf, dass sich unsere Route geändert hätte. Ich hörte dies alles nur aus zweiter und dritter Hand und blieb ganz ruhig. Wir wollten schließlich fast alle nach Gili Air. Doch die Insel sahen wir wenig später an uns vorbeiziehen.

Auf Lombok, quasi der großen Hauptinsel, wurde dann all unser Gepäch ausgeladen und wir von Bord gebeten, obwohl der Kapitän kurz vorher noch verkündet hatte, wir führen zu Gili Air. Während die beiden aufgebrachten Amerikaner forderten, sofort mit dem Verantwortlichen zu sprechen, eine Gruppe Osteuropäerinnen sich lautstark über diese Behandlung aufregte und jemand anderes sich in der Tür stehend weigerte, von Bord zu gehen, blieb ich ganz ruhig. Hakuna Matata. Wird schon alles gut werden. Warten wir doch mal ab.

Und tatsächlich: Es stellte sich heraus, dass wir mit einem Holzboot hinüber gebracht werden sollten. Mit einem sogenannten Seelenverkäufer. Nicht weiter drüber nachdenken. Neben mir saßen zwei nette Spanierinnen, die genauso ruhig geblieben waren wie ich und mit denen ich mich während all dieses Chaoses gut unterhielt. Wir erreichten Gili Air mit einbrechender Dunkelheit nach über acht Stunden.

Der Rückweg – bei dem ich natürlich eine andere Fährgsellschaft buchte – verlief ähnlich chaotisch. Zwar kamen wir diesmal direkt, wenn auch spät am Ziel an, doch war unser Boot diesmal überladen. Die Passagiere, die sich während der Kontrolle des Hafenmeisters im Laderaum und im Klo hatten verstecken müssen, danach die Fahrt auf dem Oberdeck verbracht hatten und dementsprechend bei Ankunft komplett nass und durchgefroren waren, waren zurecht sehr verärgert. Zum Glück bekam ich das erst beim Anlegen so richtig mit, denn ich saß mittendrin eingekeilt auf einem der furchtbaren Sitze.

Zwischen An- und Abreise lagen wunderschöne, entspannte Tage auf Gili Air. Trotzdem bin ich nicht sicher, ob ich dort jemals wieder hinreisen möchte. Auf jeden Fall nie wieder in der Hauptsaison.



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